Die tägliche Gebetsordnung

1. Das Morgengebet zerfällt in folgende fünf Abteilungen:

Die erste Abteilung beginnt mit dem Lobliede Adon olam und ent­hält sämtliche beim Erwachen zu betenden Benediktionen Brachot () (44, 6a), sowie die Brachot haTora (30,5) mit einigen Torastellen, um alsbald auch das Gebot der täglichen Beschäfti­gung mit der Tora erfüllt zu haben, wenn man später daran verhin­dert sein sollte.

Die Torastellen ( ) werden als Ersatz für die darin gebotenen Opfer gesprochen, für deren Wiederherstellung wir in dem den Schluss dieser Abteilung bildenden Jehi razon beten.

2. die zweite Abteilung besteht aus Lobgebeten und führt den Namen  ( ). Dieselbe enthält außer Psalmen und anderen Gottes Lob besingenden Schriftstellen auch das von Moses und Israel am Schilfmeer gesungene Loblied As jschir. An den Sabbaten, Festta­gen, Halbfesttagen des Pessachfestes, Rüsttagen zum Pessach und Versöhnungstage wird der 100. Psalm Mismor letoda weggelassen. Zu dieser Abteilung bildet  ( ) die Eingangs‑ und  () die Schlußbe­nediktion.

3. An allen Sabbat‑ und Festtagen wird die Anzahl dieser Psalmen vermehrt und die Schlußbenediktion erweitert.

4. Die dritte Abteilung enthält das Schema mit ( ) und ( ) als Eingangsbenediktion und Emet bis  () Israel als Schlußbenediktion. Der Inhalt dieser Eingangsbenediktion weicht am Sabbat von dem für die sechs Wochentage ab ( ).

5. die vierte Abteilung heißt Tefila im engeren Sinne und bildet nach ( ) den wichtigsten Bestandteil unserer Gebetordnung. Da dieses Gebet, welches jetzt aus neunzehn Benediktionen (Brachot) und dem Anhang  ( ) besteht, ursprünglich nur achtzehn Benedik­tionen enthielt, so wird es gewöhnlich (nicht ganz richtig) Schmone Esre genannt. Dieses Gebet enthält alle Bestandteile des Gebetes (40), Lob, Dank, Bitte und in jedem Satz Segnung (Bra­cha). Die Bitten in diesem Gebete enthalten alles, was wir als Menschen und Israeliten als des Erflehens wert erachten können. Wir müssen dieses Gebet leise, mit größter Andacht stehend, das Angesicht gegen Jerusalem gewandt, in erfurchtsvoller, demüter Haltung beten und die im Gebetbuch angemerkten Veränderungen und Einschaltungen für gewisse Zeiten wohl beachten. 

6. Für die Sabbate und Feiertage sind besondere Tefilot (ganz unrichtig Schmone esre genannt) verfasst. Dieselben bestehen aus den drei ersten und drei letzten Benediktionen des werktägigen. Schmone esre, zwischen welche eine auf die besondere Tagesfeier bezügliche Benediktion eingeschaltet wird. Wegen dieser Sieben­zahl der Benediktionen heißen die Sabbat‑ und Festgebete Tefilat schewa. Am Neujahrs‑ und Versöhnungstag ist die dritte werktägige Benediktion durch das erhabene Gebet Uweken Ten erweitert, und bei allen Gebeten für den Versöhnungstag wird nach der letzen Benediktion vor Elhi nazor das Sündenbekenntnis Widui angefügt; das geschieht auch am Nachmittag des Rüsttages zum Versöhnungstag ( ). ‑ Für alle Gebetszeiten des Sabbats sind für die mittlere Benediktion je besondere Formeln vorhanden.

7. Zu dieser vierten Abteilung des Morgengebets gehören noch je nach dem Charakter des Tages: Tachanun, Hallel, Awenu, Malkenu)

Das Tachanun besteht aus dem sechsten Psalm und einigen anderen Schriftversen. Erster ist in demütiger Haltung, sitzend, (wenn eine Tora sich im Betlokale befindet) das Angesicht beim Morgen­gebet auf den rechten, beim Nachmittagsgebet auf den linken Arm niedergebeugt, zu beten  (  ). Am Montag und Donnerstag beim Morgengebet wird dem Tachanun  noch das  ( ) und ( ) angefügt, an Fasttagen, in vielen täglich, morgens und nachmittags auch das ().

8. Das Tachanun wird nicht gebetet: Am Freitag beim Minchagebet, am Sabbat, an Neumondstagen und bei dem ihnen vorangehenden Minchagebet, während  des ganzen Monats Nissan, am 18. Ijar  ( ),

vom 1. bis einschließlich den 8. Siwan, am  9. Aw, Tisch’a be Aw. und bei dem vorangehenden Minchagebet, am 15 Aw  ( ), am Neujahr und seinem Rüsttag schon beim Morgengebet, vom Rüsttag zum Ver­söhnungstage morgens bis einschließlich den Tag nach dem Hütten­fest Chag Sukkot, in manchen Gemeinden bis Ende des Monats Tischri, am Chanukka  vom vorangehenden Minchagebete an, am 15. des Monats Schweat (), an beiden Purimtagen und beim vorangehenden Minchagebet, ebenso im Schaltjahre am 14. und 15. des Monats Adar I (Purim katan), im Trauerhause, bei Anwesenheit des Bräutigams am Hochzeitstag, am Beschneidungstag morgens, wenn der Vater des Kindes, der Gevattermann oder der Beschneider beim Gebete anwesend ist.

9. Das Bittgebet Awinu Malkenu wird nur während der zehn Bußtage, und zwar an Werktagen vor Tachanun, an Festtagen nach Tefilat schewa gebetet; es unterbleibt jedoch an jedem in die Bußtage fallenden Sabbat, wie bei dem vorangehenden Minchagebet am Frei­tag; wenn jedoch der Versöhnungstag auf Sabbat fällt, wird (  ) beim Schlussgebet ( ) gebetet. Auch am Rüsttage zum Versöhnungstag unterbleibt dieses Gebet, außer wenn letzterer auf Sabbat fällt; in diesem Falle wird es am Rüsttag morgens gebetet.

10. Das Lesen der Lobpsalmen Hallel gehört zu den sieben rabbini­schen Geboten; darum wird demselben eine Benediktion (Bracha) vorangesetzt. Das Hallel besteht aus den sechs Psalmen 113‑118 mit ( ) als Schlußbenediktion. Dieses Gebet wird gesprochen: An  den Festen Pessach, Schawuot, Sukkot mit den Halbfesttagen, am Chanukka und an den Neumondstagen Rosch Hachodesch. An letzteren, sowie an den letzten sechs Pessachtagen werden je die elf ersten Verse der Psalmen 115, und 116, die Absätze Lo Lanu  und Ahavti ausgelassen.

11. Die fünfte Abteilung besteht (mit Ausnahme der Sabbate und Festtage) aus dem 145. Psalm ( ), dem 20 Psalm  ( ) und dem Gebete ( ), worauf das erhabene Gebet alinu und der von den Leviten einst im Tempel gesungene Tagespsalm ( ) folgt. Der 20. Psalm wird allenthalben ausgelassen: an Neumondstagen, an Halb­festtagen, am Chanukka, an den beiden Purimtagen des II. sowohl als des I. Adar, an den Rüsttagen vor Pessach  und dem Versöh­nungstage und am 9. Aw. an den Rüsttagen vor den übrigen Festen, sowie an den Tagen nach den Festen ( ) wird in manchen Gemeinden dieser Psalm gebetet, in anderen nicht. Fällt einer der Tage, an welchen dieser Psalm ausgelassen wird, auf Montag oder Donners­tag, so fällt auch  ( ) aus. Auch beim Gebet im Trauerhaus wird dieser Psalm ausgelassen.

12. An Sabbaten und Festtagen wird, und zwar vor dem Zurückbrin­gen der Tora, der 145. Psalm gebetet; diesem (an Neumonds‑ und Halbfesttagen, dem wie gewöhnlich eingefügten  ( ) folgt dann das Zusatzgebet Mußaf, dem sich (an Sabbaten und Festtagen () und ( ) anschließt.

13. Das Mußaf besteht ebenfalls aus den drei ersten und den drei letzten Benediktionen des Schmone Esre und einer dazwischen eingefügten, auf das besondere Opfer des Tages bezüglichen sie­benten Benediktion. Nur am Neujahrstag werden in das Mußaf drei Benediktionen eingeschaltet (Tefilat tescha).

Das Nachmittagsgebet

14. Das Nachmittagsgebet besteht aus dem Opferabschnitt  ( ), dem 145. Psalm, dem Schmone Esre mit Tachanun und ().

15. An Sabbat‑ und Festtagen wird dem 145. Psalm das morgens ausgefallene We ba leZion beigefügt und dann Tefilat schewa gebetet, darauf folgt an Festtagen unmittelbar  ( ); nur am Neujahr wird vor diesem ( ) eingeschaltet.

16. Am Sabbat treten jedoch an Stelle des Tachanun die Verse () und in den meisten Gemeinden während des Winters die Psalmen 104 und 120‑134  ( ), während  des Sommers ein oder zwei Abschnitte der „Sprüche der Väter“ Pirki Awot, darauf folgt dann ( ).

Das Abendgebet

17. Das Abendgebet wird mit den Versen  (Schir () und  () einge­leitet, darauf folgt das Schema, zu welchem ( ) und ( ) die Eingangsbenediktionen und ( ), sowie ( ) die Schlußbenediktion bilden. Hierauf folgt das Lobgebet ( ) dann ( ) und ( ).

18. Am Freitagabend gehen dem Abendgebet den Sabbat‑Empfangsgebete (Kabalat Schabat) voran. Sie bestehen aus den Psalmen 95‑99  und 29  ( ) dem Liede Lecha Dodi, welchem die Psalmen 92 und 93 () folgen.

19. Das Abendgebet für Sabbat‑ und Festtage unterscheidet sich von dem der Werktage durch folgendes: Die Einleitungsverse blei­ben weg, die Benediktion ( ) erhält einen anderen Schluss ( ) und an die Stelle des Baruch H’laolam tritt ein auf die Feier des Tages bezüglicher Vers. ( ) , vor die Tefilat Schewa. Hierauf folgt an Festtagen ( ), am Sabbat aber vorher die Verse ( ), an welche sich (mit Ausnahme des ersten Pessachabends) beim Gemeindegottesdienst (Magen Avot) anschließt, dann der Mischnaabschnitt ( ), der aber, wenn der Sabbat mit einem Feste oder Halbfeste zusammenfällt, nicht gesprochen wird.

20. Beim Ausgang des Sabbats ist auf die Einschaltung der Formel: ( ) (beim Zusammentreffen mit einem Feste: ( ) wohl zu achten; nach ( ) wird Psalm 91 ( ), dann We ata kadosch, hierauf die Verse  ( ) und Psalm 128  ( ) vor ( ) eingeschaltet. Die Gebete ( ) und ( ) fallen aus, wenn in der begonnenen Woche ein Festtag ist, ersteres auch am Abend des 9. Aw.

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