Das Verbot falscher Ratserteilung

1. Wir sind ganz besonders da unserem Nebenmenschen die volle aufrichtige Wahrheit schuldig, wo wir wissen oder annehmen kön­nen, dass unsere Worte ihm als Maßstab für sein Verhalten gelten werden. Nach der Überlieferung unserer Weisen s.A. ist das Verbot der Tora (3. Mos. 19,14): „Du sollst vor einen Blinden keinen Anstoß hinlegen,“ nicht bloß leiblich, sondern auch auf geistig Blinde, auf Unwissende, Unerfahrene, Ratsbedürftige zu beziehen, und es werden damit alle Worte und Handlungen verboten, die geeignet sind, unseren Nebenmenschen zu nachteiligen oder gar sündhaften Unternehmungen zu veranlassen.

2. Wir dürfen zu niemanden sprechen: Verkaufe deinen Acker und kaufe dir für den Erlös ein Pferd, wenn wir wissen, dass der Besitz des Ackers ihm vorteilhafter ist als der des Pferdes. Nach diesem Beispiel, das uns unsere Weisen s. A. aufstellen, müssen wir andere Fälle beurteilen und jeden Rat als verboten betrach­ten, durch dessen Befolgung jemand nach unserer Überzeugung in Schaden verfallen muß.

3. Gilt das schon von jedem Schaden an irdischem Besitz, so ist es noch viel sündhafter, jemandem zu Worten oder Handlungen zu raten, durch welche er Schaden an seiner Seele nimmt, nämlich zu einer Sünde.

4. Doch bezieht sich das Verbot der falschen Ratserteilung nicht bloß auf absichtliche Worte des Rates, es verbietet auch alle Handlungen, die von Unkundigen irrig aufgefaßt und diesen Anlaß zu wirklich sündhaften Handlungen werden können. Ausserdem wird uns durch das Verbot jede Beihilfe zu einer Sünde untersagt, selbst wenn wir sicher wissen, die Sünde würde auch ohne unsere Mitwirkung geschehen.

5. Nach folgenden Beispielen sind die Handlungen zu beurteilen, welche unter diesem Verbote begriffen sind. ‑ Wir dürfen keine Waffen an Personen verkaufen, die sie nach den Staatsgesetzen nicht tragen dürfen oder nach unserem Ermessen zum eigenen oder anderer Schaden verwenden können, keine zur Fälschung (z.B. von Lebensmitteln) dienenden Stoffe an Leute, von welchen wir diese Fälschung voraussetzen. ‑ An Israeliten, welche sich über die Gebote der Tora hinwegsetzen, dürfen wir nichts Verbotenes ver­kaufen, selbst wenn wir wissen, dass sie auch ohne uns nur Verbo­tenes kaufen. Dabei ist zu beachten, dass jeder als Israelite Geborene ewig als solcher zu betrachten ist. Selbst an Nichtisraeliten dürfen wir nichts für Israeliten Verbo­tenes verkaufen, wenn die Möglichkeit vorhanden ist, dass das Verbotene wieder an einen Israeliten verkauft wird, es wäre  denn als verboten kenntlich oder bekannt. ‑ Wir dürfen ohne Zeugen oder Urkunde niemandem etwas ohne Pfand borgen, damit niemand durch Absicht oder Vergessen veranlaßt werde, das erhaltene Darlehen ganz oder teilweise nicht zu erstatten. ‑ Ganz besonders sündigt gegen dies Verbot, wer durch Druckschriften Lehren ver­breitet, die der Tora oder den Staatsgesetzen zuwider sind, wer solche Schriftn verkauft oder verleiht.

Der Arglistige seine Waffen sind gefährlich, mit Listen rät er, um die Armen mit Lügenworten zu verderben, wenn der Dürftige sein Recht fordert. Der Edle aber rät Edles und beim Edlen beharrt er. Jes. 32, 7,8.

Trug ist im Herzen derer, die Bosheit schmieden; die aber zum Frieden raten, schaffen Freude. Spr.Sal. 12. 20.

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