Zurechtweisung der Sünder

1. Unsere Liebe zu unserem Nebenmenschen darf sich keineswegs darauf beschränken, dass wir ihn in seiner Person und seinen Rechten nicht verletzen, ihm lassen, was er hat, ihm geben, was ihm gehört; wir müssen auch mit dem Aufwand aller unserer Mittel und Kräfte dazu beitragen, dass er, was er besitzt, nicht einbüße und ihm das werde, was ihm mangelt. Die Tora erteilt uns hierüber eine Reihe von Vorschriften, durch deren Befolgung wir die höchste Stufe erreichen, zu welcher der Wandel in den Wegen Gottes emporführen soll, Gottes, der alle rettet, allen hilft, allen gibt, wessen sie bedürfen. Alle diese Vorschriften gehören unter den Begriff der „tätigen Bruderliebe“.

2. Die größte Gefahr für den Menschen ist die, Schaden an seiner Seele zu erleiden, sein ewiges Heil zu verlieren. Darum gebietet uns die Tora, wir sollen jeden, den wir eine sündhafte Handlung begehen sehen, oder von dem wir sicher wissen, dass er eine solche begangen hat, belehren und auf das Sündhafte seiner Handlung aufmerksam machen.

3. Die Zurechtweisung soll nur unter vier Augen und mit sanften Worten geschehen; die Tora verbietet uns ausdrücklich, bei einer Zurechtweisung unseren Nebenmenschen zu beschämen.

4. Wir müssen die Zurechtweisung, wenn sie erfolglos geblieben, so lange wiederholen, als irgendwie Hoffnung auf Erfolg vorhanden ist. ‑ Die Unterlassung der Zurechtweisung ist eine

so schwere Sünde, dass unsere Weisen s.A. sie unter den Ursachen der Zerstörung Jerusalems aufzählen. ‑ Besonders schwer versün­digt sich derjenige, der durch sein Wort Sünden verhindert könnte und es nicht tut.

5. Es ist aber auch jeder verpflichtet, die an ihn gerichtete Mahnung zur Besserung mit Liebe aufzunehmen, und verboten, dieje­nigen zu schmähen oder zu hassen, die in wohlmeinender Absicht dieses keinesweg leichte Gebot Gottes erfüllen.

Zur Rede stellen, wiederholt zu Rede stellen sollst du deinen Nächsten; lade aber darob nicht Sünde auf dich. 3. Mos. 19,17.

Wer zum Frevler spricht: du bis ein Gerechter, dem fluchen Völker, den verwünschen Nationen. Denen aber, die zurechtweisen, ergeht es wohl, über sie ergeht der Segen der Frommen. Spr.Sal. 24. 24‑25.

Ein goldener Ring, ein goldenes Geschmeide ist ein weiser Ermah­ner für ein aufmerksames Ohr. Spr. Sal 25,12.

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